Die Chemie muss stimmen

Um bei Fachkräften und Azubis zu punkten, müssen Handwerksunternehmen aktiv für sich werben.

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Heinrich Schmids Arbeitgeberservice

Die Chemie muss stimmen

Yves Kelch und Sebastian Schick vom Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit in Ludwigsburg helfen dabei. Sie beraten die Betriebe zu Fragen des Arbeitsmarktes sowie in Sachen Qualifizierungs- und Fördermöglichkeiten. Außerdem vermitteln sie passende Bewerber für offene Stellen oder Ausbildungsplätze. Ihr Ansprechpartner bei Heinrich Schmid ist Recruiter Andreas Lerich. Die HS-Report-Redaktion traf die drei zum Gespräch.

HS-Report: Wie wird das Handwerk als Arbeitgeber wahrgenommen?
Sebastian Schick: Das Handwerk hat goldenen Boden. Wenn jemand entsprechend Talent und Fähigkeiten mitbringt, ist das auf jeden Fall eine sehr gute Wahl.
Yves Kelch: Leider hört man immer wieder, dass Jugendliche eine Ausbildung im Handwerk machen, aber danach woanders die besseren finanziellen Möglichkeiten sehen. Dann stellen sie sich mit ihrer Ausbildung lieber vor eine Maschine oder ans Band.

HS-Report: Worauf legen Azubis heute Wert?
Schick: Auf der einen Seite natürlich die Ausbildungsvergütung. Aber auch die Arbeitsbedingungen sind wichtig, teilweise wichtiger als das Geld. Dazu zählen ein gutes Betriebsklima, dass der Lohn rechtzeitig bezahlt wird und soziale Aspekte wie betriebliche Weiterbildungsmöglichkeiten und Gesundheitsfürsorge.

HS-Report: Wieso brechen so viele Azubis ihre Lehre im Handwerk ab?
Schick: Das liegt wohl zum Teil an der veränderten Arbeitswelt und einer unterschiedlichen Einstellung der Generationen in den Unternehmen. Wenn Probleme in der Ausbildung auftauchen, wird oftmals relativ schnell die Ausbildung abgebrochen und nicht versucht, gemeinsam mit dem Ausbildungsbetrieb eine Lösung zur Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses zu finden.
Kelch: Junge Leute haben aber auch mehr Selbstbewusstsein als früher. Wenn sie hart kritisiert werden, stellen sie sich eher die Frage: "Muss ich mir das antun?" Gerade auf dem Bau kann es ja mal rauer zugehen. Durch so etwas gehen viele verloren, die gute Handwerker werden könnten.

HS-Report: Was können Betriebe dagegen tun?
Schick: Es gibt heute einen höheren Anspruch an die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf. Da müssen sich Arbeitgeber überlegen: Wie kriege ich Mitarbeiter ins Boot und was biete ich ihnen in der Hinsicht? Kommunikation ist da sehr wichtig.
Andreas Lerich: Der wichtigste Punkt ist aber: Viele ältere Mitarbeiter verstehen die Jungen nicht mehr. Das höre ich oft von Kollegen, die schon 25 Jahre und länger bei Heinrich Schmid sind. Da muss man auf beide Seiten eingehen und Freiheiten einräumen. Junge Führungskräfte sehen das entspannter. Wir überlegen daher genau, in welchen Abteilungen wir duale Studenten oder Azubis unterbringen. Die Chemie muss stimmen, damit neue Arbeitnehmer und Azubis sich wohlfühlen und im Betrieb bleiben.

HS-Report: Welche Rolle spielt die Fluktuation?
Schick: Die Rahmenbedingungen sind entscheidend. Wenn das Betriebsklima nicht stimmt, verlassen die Arbeitnehmer das Unternehmen schnell wieder.
Kelch: Wir wollen ja langfristig an stabile Betriebe vermitteln. Ab dem Moment, wo der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, ist die Firma verantwortlich, dass es läuft, dass sich der Arbeitnehmer in guten Händen fühlt.
Lerich: Daran sollten die Unternehmen ein Interesse haben. Man darf das Internet in der Hinsicht nicht unterschätzen. Mitarbeiter tauschen sich zum Beispiel über Facebook aus, und plötzlich hat man einen Ruf als schlechter Arbeitgeber.
Schick: Social Media Aktivitäten werden sowieso immer wichtiger. Ein Arbeitgeber, der nicht auf Facebook oder Xing vertreten ist und keine vernünftige Internetpräsenz hat, hat es schwer. Man informiert sich schließlich im Internet. Auch auf diesem Weg gewinnt man Bewerber.

HS-Report: Wie begegnet man Bewerbern ohne Know-how?
Kelch: Für Azubis gibt es ausbildungsbegleitende Programme, die parallel zur Ausbildung laufen. Natürlich kann die Firma auch aus Eigeninitiative selbst interne Weiterbildungskurse anbieten.
Schick: Jeder Ausbildungsbetrieb kann die Förderprogramme in Anspruch nehmen. Da gibt es verschiedene Einrichtungen, zu denen wir den Kontakt herstellen.
Lerich: Ich bekomme viele Bewerbungen von Jugendlichen, die schon 20, 22 oder 25 Jahre alt sind und mit 17 oder 18 keinen Ausbildungsplatz bekommen haben. Die suchen noch immer und haben nicht aufgegeben. Diesen sollte die Agentur für Arbeit eine Chance bieten.
Kelch: Richtig. Da haben wir auch diverse Programme, zum Beispiel das "Spätstarter"-Programm. Das ist für Menschen zwischen 25 und 35 Jahren, die keine Ausbildung haben.

HS-Report: Was sollte ein Bewerber mitbringen? Sind Noten entscheidend?
Lerich: Wir bilden ja auch im Rahmen eines dualen Studiums aus. Bewerber mit Noten ab drei minus sind in der Schule vielleicht nicht so stark, bei uns können sie aber mit Taten punkten. Auf der Baustelle wird später keiner nach einer Note fragen. Da können auch Studienabbrecher kommen. Die bekommen eine gute letzte Chance von uns.
Schick: Wir beobachten das in allen Branchen, die Anforderungen an die Bewerber und die Bewerber selbst verändern sich. Angefangen bei den Schulnoten und schlechteren Vorkenntnissen.
Kelch: Das hört man sehr oft: Die Qualität der Schule ist nicht mehr so, wie sie einmal war. Mangelnde Bildung müssen die Azubis dann durch Motivation und Fleiß ausgleichen.

HS-Report: Sind Studienabbrecher eine Chance fürs Handwerk?
Schick: Es gibt tatsächlich mehr Studienabbrecher. Die haben einen unpassenden Studiengang gewählt oder kommen mit den Anforderungen nicht klar. Sie sind für Arbeitgeber eine interessante Zielgruppe. Dieses Potenzial muss man nutzen.

HS-Report: Haben Sie ein gutes Gefühl, wenn Sie jemanden an Heinrich Schmid vermitteln?
Schick: Ja, absolut. Heinrich Schmid ist ein Begriff. Allein schon wenn man sich die Internetpräsenz anschaut, das macht Eindruck.
Lerich: Der Kontakt zur Agentur für Arbeit ist uns wichtig. Bei Problemen mit neuen Mitarbeitern fragen wir nach und sprechen über mögliche Lösungen. Wenn ein Bewerber bei mir einen guten Eindruck hinterlässt, dann versuche ich ihn intern zu vermitteln. Manche Führungskräfte muss ich erst davon überzeugen ihn anzustellen. Ein gutes Argument ist es, wenn die Person drei Monate gefördert wird.
Kelch: Oder eine Probearbeit, so dass jemand zeigen kann, was er drauf hat.

HS-Report: Was sind die Vorteile einer Probearbeit?
Kelch: Gerade im Handwerksbereich bietet sie sich an. Dadurch kann man den Bewerber intensiv kennenlernen und individuelle Entscheidungen treffen.
Lerich: Wichtig ist dabei, dass man niemanden ausnutzt. Ich kenne Betriebe, die das machen. Die nutzen Probearbeiter, um Aufträge flexibel und kostengünstig abzuwickeln.

HS-Report: Wie stimmen Sie sich ab?
Lerich: Grundsätzlich ist unser gemeinsames Ziel, jemanden in Arbeit zu bringen. Das heißt ich suche jemanden, die Agentur für Arbeit hat hoffentlich jemanden. Deshalb sind wir regelmäßig in Kontakt, meist telefonisch. Wenn wir uns von jemandem getrennt haben, erzählt er bei der Agentur für Arbeit seine Sichtweise. Dann ruft Herr Kelch mich an und fragt nach unserer.
Kelch: Ich höre mir gern beide Seiten an. Dadurch mache ich mir ein Bild. Letztendlich wollen wir den Menschen ja wieder vermitteln. Da muss ich wissen, woran ich mit ihm bin.

HS-Report: Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Kelch: Herr Lerich nutzt unsere Jobbörse. Dort stellt er seine Stellenangebote ein. Wir können diese für die Arbeitsvermittlung übernehmen. Diesen Auftrag hat uns Herr Lerich erteilt. Nach den Bewerbersuchläufen verschicken wir dann Vermittlungsvorschläge.

HS-Report: Wie wichtig ist dabei Vertrauen?
Lerich: Das ist ein Geben und Nehmen. Die Agentur ist ein wichtiger Partner. Deshalb ist Ehrlichkeit auch so wichtig. Die Kontakte sollen nachhaltig sein.
Kelch: Als zentraler Punkt steht immer noch der Mensch.
Schick: Der Arbeitgeber muss darauf vertrauen können, dass wir sein Stellenangebot gut betreuen und ihm die Bewerber auswählen, die er braucht.

HS-Report: Wie sieht die Zukunft auf dem Arbeitsmarkt aus?
Kelch: Der Arbeitsmarkt entwickelt sich ganz klar für die Bewerber. Das heißt aber auch, dass die Firmen immer mehr in die Offensive gehen müssen. Das wird ein harter Kampf um Bewerber.
Schick: Jemand, der eine abgeschlossene Ausbildung im Handwerk oder in der Industrie hat, ist zukünftig im Vorteil. Er wird keine Probleme haben, eine Stelle zu finden.

HS-Report: Meine Herren, herzlichen Dank für das Gespräch.

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